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Wie schmeckt Blau und nach was riecht gelb? 

Gezahlt wird nur, wenn's gefällt: Lesung mit Musik und Menü in der Trafohalle

Schon mal darüber nachgedacht, wie Blau wohl schmecken könnte? Gewiss, blau kennt man als Zustand, zum Beispiel nach der fünften Maß Bier. Und natürlich als Farbe, zum Beispiel als Augenfarbe von Alain Delon. Dass Blau nach Heidelbeere-Creme mit Pfefferminze schmecken könnte, das hat sich heute Koch Wolfgang Fortner ausgedacht.
Es ist Samstagabend, man sitzt in der Trafohalle, an langen Tischen. Kerzenlichtatmosphäre, hinter den Fensterscheiben Regen. Die Kellner servieren das Dessert, man spricht mit dem Tischnachbarn über Farben. Kein gewöhnliches Thema für den Smalltalk. Was wohl an der Veranstaltung liegen mag. Und an dem Veranstalter, Partymacher Otger Holleschek, Geschäftsführer von h+s veranstaltungen.
Heute also hat er zu einer Lesung eingeladen, einem Autorenwettbewerb, "der jungen Autoren ein Forum bieten soll". Und das sieht so aus: Die Gäste nehmen an gedeckten Tischen Platz. Zwei Schauspieler, Sophie Engert und Gian Rupf, lesen Geschichten, in denen jeweils eine Farbe - Rot, Grün, Blau und Schwarz - thematisiert wird.
Ein Jazztrio interpretiert diese Geschichten und anschließend auch der Küchenchef. Vier Geschichten, vier Musikstücke, vier Gänge. Und am Schluss, das ist der besondere Clou, zahlen die Gäste so viel, wie ihnen der Abend wert war.
Was also ist einem so ein Abend wert, an dem man lachen kann über wattierte BHs, Anbaggern im Biertempel, Wiesn-Gaudi und verliebtes SMS-Geschnurre? Ein Abend, an dem es Hühnchen mit Kartoffel-Karotten-Püree gibt und schwarze Ravioli mit Sepia? Ein Abend, an dem erstklassige Jazzrhythmen gespielt werden?
Der Mann drüben am Nachbartisch gibt einer Kellnerin 50 Euro: "Stimmt so". Die Frau daneben legt 30 Euro auf den Tisch. Sie sagt, dass ihr noch immer kalte Schauer über den Rücken laufen. Wegen der Geschichte "Von Vätern, von Jägern", von Susanne Weinhart. Eine Geschichte, in der die Tochter den Vater mir einem Hirschgeweih ermordet. Es gibt Worte, die wie Karamellbonbons in den Zähnen hängen bleiben, heißt es dort. "So ist das auch bei mir", sagt die Frau, "dieser Abend wird noch lange bei mir im Gedächtnis bleiben." Eine Fortsetzung soll es bald geben.
(Münchner Merkur 09.05.2005 / Sylvie-Sophie Schindler)